Ministerium der Träume (R: Laura N. Junghanns)

© Isabel Machado Rios

Uraufführung nach dem Roman von Hengameh Yaghoobifarah
in einer Fassung von Laura N. Junghanns

Premiere: 3.6.2023, Staatstheater Kassel

Nasrin ist Türsteherin in einer queeren Bar. Sie ist angekommen im Großstadtleben, in dem sie sein kann, wer sie ist: die „migrantische Lesbe“ Nas. Doch als die Polizei vor der Tür steht und sie über den plötzlichen Tod ihrer Schwester Nushin informiert, bricht eine Welt zusammen. Sie ist sicher: Suizid, kein Autounfall, wie die Polizei sagt. Nas nimmt ihre pubertierende Nichte Parvin bei sich auf und begibt sich auf eine Reise in die gemeinsame Vergangenheit mit ihrer Schwester: Die Ankunft aus Teheran in der deutschen Provinz, einer feindseligen Umgebung zu Zeiten rechtsextremer Anschläge in Mölln, Rostock und Hoyerswerda. Die apathische Mutter, die vergeblich auf den Nachzug des Vaters wartet. Das harte, gemeinsame Leben in der Großstadt, die zugleich das Befreiungsversprechen in sich trägt. Die ungeplante Geburt der Nichte. Doch irgendetwas hat Nushin ihr verheimlicht, irgendetwas stimmt nicht mit den angeblichen Todesumständen und auch nicht mit dem Land, in dem sie lebt, in dem die „Annikas“ – deutsche, bürgerliche Mütter – Ausgrenzungsmechanismen reproduzieren und die Polizei ihre Ermittlungen einstellt. Zwischen Alltag, dem Dasein als Tante einer Heranwachsenden und all den Hindernissen, die ihr als iranischstämmiger, queerer Person in Deutschland begegnen, gerät Nas in einen mitreißenden Strudel aus Wut, Trauer und Aufklärungswillen …

Hengameh Yaghoobifarah gilt als moralisches Gewissen der Einwanderungsgesellschaft, das in seinen Kolumnen u. a. in der taz die blinden Flecken der Mehrheitsgesellschaft schonungslos aufdeckt. Mit dem von Kritik und Presse hochgelobten Romandebüt Ministerium der Träume (UA) gewährt Yaghoobifarah einen Blick in die Innenwelt migrantischen Lebens sowie in Klassen-, Identitäts-, Zuschreibungs- und Herkunftskonflikte – und legt dabei nicht nur die deutsche Doppelmoral offen, sondern auch das verdrängte Unbewusste, das nicht nur aus Polizeichats immer wieder hervorquillt.

Ministerium der Träume öffnet eine Welt, von der man zu wenig Ahnung hat, die aber vor unseren Haustüren liegt.“ SWR 2

Regie: Laura N. Junghanns
Bühne, Kostüme: Jule Saworski
Dramaturgie: Dirk Baumann
Mit: Jakob Benkhofer, Katharina Brehl, Zazie Cayla, Marcel Jacqueline Gisdol

Au den Kritiken:

“Ist es Zufall oder Absicht, dass die Uraufführung eine Woche nach dem 30. Jahrestag des Mordanschlags von Solingen stattfindet? Jedenfalls passt es, denn rechtsextreme Gewalt im wiedervereinigten Deutschland ist eines der Grundmotive im Stück ‘Das Ministerium der Träume’. Regisseurin Laura N. Junghanns und Dramaturg Dirk Baumann haben es nah am gleichnamigen, 2021 erschienenen Roman von Hengameh Yaghoobifarah erarbeitet. Um gleich zu spoilern: Die Uraufführung wurde nach einem ebenso eindrucksvollen wie unterhaltsamen Abend zurecht bejubelt.
(…)
Hier schreibt, inszeniert und spielt eine Generation, die Hoyerswerda nur aus dem Fernsehen kennt, den NSU-Skandal aber inhaliert hat, und haut uns ihre postmigrantische Antwort um die Ohren. Yaghoobifarah, selbst im Publikum, ist am Ende ebenso begeistert wie das stehend applaudierende Publikum. ‘Das Ministerium der Träume’ soll demnächst als Fernseh-Serie herauskommen. Die Kasseler Bühnenfassung hat die Latte schonmal ordentlich hochgelegt.”
nachtkritik.de, 4.6.2023

 

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